Was kommt nach dem britischen EU-Referendum?
23. Jun. 2016Ein Wirtschaftsexperte des linken Spektrums erwartet für den Fall des Brexit eine allumfassende Unsicherheit. Ein anderer linksorientierter Autor geht davon aus, dass ein Sieg der EU-Befürworter kaum eine weniger große Herausforderung für die Einheit der Union wäre als ein Votum für das Verlassen der Gemeinschaft.
„Niemand hat auch nur die leiseste Ahnung, was ein Brexit tatsächlich bedeuten würde“, schreibt Zoltán Pogácsa in Magyar Nemzet. Sollten sich die britischen Wähler für einen Ausstieg entscheiden, müssten die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich neu verhandelt werden. Allerdings sei überhaupt noch nicht erörtert worden, ob ein Brexit die totale Unabhängigkeit von der Union oder lediglich eine lockerere Zusammenarbeit zwischen Brüssel und London mit sich bringen sollte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings sei weder klar, ob Großbritannien Teil des gemeinsamen EU-Binnenmarktes bleiben sollte, noch könne man wissen, was mit den bereits im Vereinigten Königreich lebenden und arbeitenden EU-Bürgern geschehen würde, notiert Pogátsa.
Sollte das Vereinigte Königreich in der EU verbleiben, könnten die Auswirkungen noch verheerender sein als ein Brexit, ist Péter Balázs überzeugt. In Népszabadság räumt der ehemalige sozialistische Außenminister ein, dass völlig unklar sei, was genau passieren würde, falls sich die britischen Wähler für ein Verlassen der EU entscheiden sollten. Auch was geschähe, falls sie für einen Verbleib optieren sollten, sei kaum weniger ungewiss, konstatiert Balázs, äußert aber die Vermutung, dass Großbritannien im Falle des Verbleibens versuchen würde, einen Sonderstatus innerhalb der EU auszuhandeln. Sollte London besondere Mitgliedschaftsbedingungen erkämpfen, könnten andere Staaten umgehend nachziehen und für sich selbst versuchen, besondere Vergünstigungen und Ausnahmeregelungen innerhalb der Union herauszuschlagen. Dies, so Balázs, könne sich noch niederschmetternder auf die Einheit der EU auswirken als ein Brexit.