Sozialisten haben neuen Parteichef
28. Jun. 2016Nach dem am Samstag abgehaltenen Parteitag der MSZP gehen die Analysten davon aus, dass die Sozialisten noch einen langen Weg vor sich haben, wollen sie bei den Parlamentswahlen 2018 den regierenden Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orbán mit gewissen Erfolgsaussichten herausfordern.
Die MSZP werde von lokalen und personengebundenen Impulsen geprägt, schreibt László Török im Leitartikel von Magyar Nemzet, in dem er sich mit den Chancen der Sozialisten nach dem Wechsel an der Parteispitze beschäftigt. Was fehle, so Török, sei ein bestimmendes Prinzip, welches der Partei eine längerfristige Planung ermöglichen würde. Sollte es nicht zu einem außergewöhnlichen Ereignis kommen, sei nicht zu erwarten, dass auch der neu gewählte MSZP-Chef Gyula Molnár an diesen Gegebenheiten etwas ändern werde, sagt der Analyst voraus.
(Ein Kongress der Ungarischen Sozialistischen Partei hatte am Samstag Gyula Molnár zum neuen Mann an der MSZP-Spitze gewählt. Er löst den umstrittenen bisherigen Parteichef József Tóbiás ab [vgl. BudaPost vom 8. Juni]. Zum Vorsitzenden des MSZP-Parteiausschusses wurde István Hiller gewählt, der damit die Nachfolge des bisherigen Amtsinhabers László Botka antritt. Mit Blick auf die kommenden Parlamentswahlen gilt Molnár in innerparteilichen Kreisen als Befürworter eines engeren Bündnisses mit anderen linken Kräften. Nach Abschluss des Kongresses der MSZP erklärte Molnár, die „demokratische Seite“ müsse Viktor Orbán mit einem einzigen Kandidaten herausfordern. Allerdings lasse sich noch nicht sagen, wie dies letztendlich 2018 zu bewerkstelligen sei – Anm. d. Red.)
Dazu meint der Leitartikler von Magyar Nemzet: Bei der von Molnár zu bewältigenden Aufgabe gehe es immerhin darum, die Partei wettbewerbsfähig zu machen. Dabei müsse er sowohl den Flügelkämpfen innerhalb der MSZP standhalten als es auch mit der Fidesz-Hegemonie in der staatlichen Verwaltung aufnehmen. Török erinnert daran, dass Molnár auch einen Ministerpräsidentenkandidaten als potenziell aussichtsreichen Herausforderer Viktor Orbáns ausfindig machen müsse. Summa summarum gehe die Partei mit einem solchen Handicap ins Rennen, auf dessen Überwindung sie viele Jahre lang kaum hoffen könne.
Nach Ansicht von István Tanács ist es alles andere als überraschend, dass der starke Mann der Partei, der Bürgermeister von Szeged, László Botka, bei den Wahlen zum Parteiausschuss durchgefallen sei. In Népszabadság macht Tanács vor allem dessen antidemokratischen und arroganten Führungsstil in Szeged dafür verantwortlich. Er ähnele dem von Viktor Orbán allzu sehr und Botkas Erfolge in Szeged könnten weitgehend auf die gleiche Psychose zurückgeführt werden, die Orbán im gesamten Lande habe auslösen können: So werde das Bild einer einsamen und bedrohten Festung heraufbeschworen (im Falle Orbáns sei dies Ungarn, das sich der Brüsseler Tyrannei widersetze, während es Botka um seine eigene Stadt gehe, in der die Demokraten der Fidesz-Diktatur widerstehen würden). Parallel dazu jedoch türmten sich Akten verdächtiger Finanzgeschäfte um den Bürgermeister herum auf. Folglich müsse einem Botka nicht leidtun, beruhigt Tanács, der mit Blick auf die Zukunftsaussichten der Sozialisten sowieso nicht allzu optimistisch ist. Er hält es auch für durchaus denkbar, dass Gyula Molnár die Führung einmal an einen Abtrünnigen der Partei ausverkaufen werde – nämlich an Ferenc Gyurcsány.
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