Diplomatischer Krach wegen rumänischen Nationalfeiertags
7. Dec. 2016Kommentatoren streiten über die Frage, ob der ungarische Außenminister zu Recht seinen Diplomaten eine Beteiligung an den Feierlichkeiten aus Anlass des rumänischen Nationalfeiertages in der Budapester Botschaft des Nachbarlandes untersagt hat. Der 1. Dezember symbolisiert die im Jahre 1918 vollzogene Abtretung Siebenbürgens an Rumänien als Folge des Ersten Weltkriegs.
Rumänien erklärte im Jahr 1990 den 1. Dezember zum Nationalfeiertag. Am ersten Dezembertag des Jahres 1918 hatten ethnische Rumänen aus Siebenbürgen in Alba Iulia ihren Wunsch erklärt, mit dem rumänischen Königreich zu verschmelzen. 2002 wurde der damalige sozialistische Ministerpräsident Péter Medgyessi von der rechten Opposition heftig kritisiert, weil dieser mit seinem rumänischen Amtskollegen Adrian Năstase an einem Jubiläums-Festakt in Budapest teilgenommen hatte. In diesem Jahr nun verbot Außenminister Péter Szijjártó ungarischen Diplomaten die Teilnahme an einer entsprechenden Festveranstaltung in der rumänischen Botschaft. Das rumänische Außenministerium reagierte mit der Feststellung: „Das Recht der Völker, ihre Werte und nationalen Symbole zu feiern, ist einer der fundamentalsten Werte der Europäischen Union und der transatlantischen Gemeinschaft.“ Der frühere Präsident Traian Băsescu, der mit seiner neuen Volksbewegungspartei (PMP) am Sonntag für das Parlament kandidiert, verlangte in dieser Woche die sofortige Ausweisung des ungarischen Botschafters aus Bukarest, „ansonsten werden diese Abenteurer in Viktor Orbáns Regierung niemals verstehen, dass sich Rumäniens wirkliches Territorium bis zur Theiß erstreckt“.
Mit dem Näherrücken des 100. Jahrestags der Versammlung von Alba Iulia drohe die Kontroverse über den Gedenktag zu eskalieren, warnt Mária Gál in Népszava. Beide Seiten sollten Konflikte über symbolische Angelegenheiten vermeiden, meint die Autorin des linken Spektrums und äußert die Befürchtung, dass die 1,53 Millionen Magyaren in Rumänien die Opfer sich verschärfender Spannung sein werden. „Das Internet wimmelt bereits von einer nie dagewesenen Welle an Hasskommentaren auf Seiten sowohl ungarischer als auch rumänischer sozialer Netzwerke“, stellt Gál besorgt fest.
Auf Válasz kritisiert Szabolcs Vörös den stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjén, der die Schuld für die Kontroverse auf der rumänischen Seite ausgemacht hatte und mit den Worten zitiert wird, der einzige Fehler der ungarischen Diplomatie sei gewesen, „nicht eher auf den Tisch gehauen zu haben“. Vörös glaubt, dass die Affäre zur Logik des Wahlkampfes passt, bei dem die ungarischen Regierungsparteien den RMDSZ unterstützen, die führende Partei der ethnischen Ungarn in Rumänien, die sich mit der kleineren, früher vom Fidesz geförderten EMNP verbündet hat. „Für eine Spaltung bleiben nicht mehr genug ungarische Wähler übrig“, schreibt Vörös (angesichts der Tatsache, dass der RMDSZ in Rumänien einst über sieben Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, nun aber riskiert, unter die Fünf-Prozent-Hürde zu fallen. Eine spezielle Regelung für ethnische Minderheiten wird aber in jedem Fall für eine Vertretung von RMDSZ-Kandidaten im Parlament sorgen – Anm. d. Red.)
Auf Krónika, einer im rumänischen Cluj ansässigen Nachrichtenseite, schreibt Chefredakteur Szabolcs Rostás, dass der 1. Dezember für Ungarn beiderseits der Grenze ein Tag der Trauer sei. Er spricht den Rumänen nicht das Recht ab, ihn zu feiern, sie sollten aber nicht erwarten, dass sich Ungarn ihnen in bei diesen Feierlichkeiten anschließen würden. Ebenso weist er die Behauptung des rumänischen Außenministeriums zurück, wonach nationale Werte und Symbole Rumäniens nicht mit dem nötigen Respekt behandelt würden. „Als ob diese Prinzipien des Respekts nicht von den rumänischen Behörden mit Füßen getreten wurden, wenn es um die ungarische Gemeinschaft geht“, schreibt er in Hinblick auf eine Reihe von scharfen Maßnahmen gegen ungarische Siedlungen, auf deren Gebäuden die Székler-Flagge gehisst wurde.
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