Eine sechste Variante für die Zukunft der EU
23. Mar. 2017Ein konservativer Ökonom vertritt die Ansicht, dass die Europäische Union den Regierungen ihrer weniger entwickelten Staaten erlauben sollte, in ihre jeweiligen Volkswirtschaften einzugreifen und die Produktion zu erhöhen, bis sie den Anschluss an entwickeltere Länder gefunden haben.
Anknüpfend an die fünf von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kürzlich umrissenen Varianten für die zukünftigen Strukturen der Europäischen Union (vgl. BudaPost vom 7. März) wartet der Ökonom Károly Kiss mit einer sechsten Variante auf. In Magyar Nemzet weist Kiss idealistischen Ansätze zurück, die die europäische Integration als humanitäre Geste Westeuropas zur Unterstützung seiner östlichen Nachbarn interpretieren. Der Binnenmarkt sei von wirtschaftlicher Vernunft diktiert worden. In Anlehnung an Äußerungen von Ministerpräsident Viktor Orbán argumentiert auch Kiss, dass weniger entwickelte Mitgliedsländer Strukturfonds als Ausgleich für die Öffnung ihrer Märkte für Unternehmen und Kapital aus Westeuropa erhielten. Am Rande vermerkt Kiss zudem, dass die EU-Beihilfen zweckgebunden seien und somit nicht für die Ankurbelung der ungarischen Wirtschaft und die Reduzierung des Marktvorteils westlicher Unternehmen genutzt werden könnten.
Mit Blick auf die Zukunft der Union bezeichnet Kiss die Schaffung von Vereinigten Staaten von Europa als die für Ungarn schlechteste Option. In einem zentralisierten, föderalen Staat würde Ungarn all seine Souveränität verlieren und damit auch sämtliche Instrumente zur Ankurbelung seiner Wirtschaft. Im Ergebnis würde Ungarn in ökonomischer und sozialer Sicht nur noch mehr an die Peripherie gedrängt und von Massenarbeitslosigkeit, Deindustrialisierung und Armut gebeutelt werden, argumentiert der Wirtschaftsexperte. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre für Ungarn die weitaus bessere Variante. Dessen ungeachtet schlägt Kiss jedoch eine von Jean-Claude Juncker nicht genannte sechste Option als die ideale Alternative für Ungarn und die Visegrád-Staaten vor. Demnach sollte den Regierungen von weniger entwickelten EU-Mitgliedsländern das Recht eingeräumt werden, aktiv in ihre jeweiligen Volkswirtschaften einzugreifen, um die Produktion durch Industrie- und Exportsubventionen anzukurbeln, bis sie den Anschluss an entwickeltere Länder gefunden haben.
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