Jobbik beherrscht die Politik zum Jahresende
18. Dec. 2017Während Jobbik eine gesetzwidrige Wahlkampffinanzierung vorgeworfen wird, befassen sich Kolumnisten des linken und rechten Spektrums mit den Folgen des Streits um Discountpreise von Plakat-Kampagnen auf Parteipolitik und Wahlchancen.
Am Freitag veröffentlichte das Internetportal Pesti Srácok zwei zwischen Jobbik und Lajos Simicska abgeschlossene Verträge. Demnach hat der Medienmogul an Jobbik mehr als eintausend öffentliche Plakatflächen zu einem Vorzugspreis vermietet. Die Rechtspartei wies die Vorwürfe zurück und erklärte, dass sie neben den in den beiden Verträgen ausgewiesenen Gebühren zusätzliche in anderen Übereinkommen festgelegte Beträge zahle. Noch am gleichen Tag veröffentlichte Jobbik den Bericht des staatlichen Rechnungshofes, aufgrund dessen die Partei wegen illegaler Wahlkampffinanzierung mit einer Geldstrafe belegt worden war (vgl. BudaPost 11. Dezember). Am späten Freitagnachmittag versammelten sich etwa eintausend Personen zu der Demonstration vor der Fidesz-Parteizentrale, um gegen die Geldbuße zu protestieren (vgl. BudaPost 15. Dezember).
Ottó Gajdics von der regierungsnahen Magyar Idők hält es für absurd, dass eine das Gesetz verletzende Partei für die Verteidigung der Demokratie demonstriere und nahelege, Ungarn werde sich demnächst zur Diktatur entwickeln. Wenn Ungarn einer Diktatur in irgend einer Form ähneln würde, könnte Jobbik kaum öffentlich demonstrieren, stellt der Kommentator fest. Gajdics sieht die Zusammenarbeit von Jobbik mit dem Oligarchen Lajos Simicska sowie ihren Verstoß gegen Vorschriften der Wahlkampffinanzierung als Beweis dafür, dass die Partei von Gábor Vona nur ein einziges Ziel verfolge: um jeden Preis an die Macht zu gelangen.
In Magyar Nemzet interpretiert Gyula Hegyi den Skandal um Jobbik als das Ende der parlamentarischen Demokratie. Der Fidesz drohe der beliebtesten Oppositionspartei, um sämtlichen Parteien eine klare Botschaft zu übermitteln: Falls sie eine Linie überschreiten und zu ernsthaften Herausforderern des Fidesz werden sollten, werde die Regierung eingreifen und sie aufhalten, argwöhnt der linksorientierte Analyst.
Der Skandal könnte Jobbik trotz alledem helfen, glaubt András Stumpf, dessen Artikel für Heti Válasz vor der Jobbik-Kundgebung am Freitagnachmittag veröffentlicht wurde. Der konservative Kolumnist glaubt, dass Jobbik seine Basis verbreitern könnte. Dafür müsste sie den Unmut erfolgreich mobilisieren. Falls sie hingegen lediglich ein- oder zweitausend Demonstranten auf die Straße bringen könne, würde das auf eine tiefe Krise der Partei hindeuten.
Szabolcs Dull vom Nachrichtenportal Index glaubt ebenfalls, dass Jobbik von dem Konflikt profitieren könnte. Zusätzlich zur Mobilisierung ihrer Basis könne sich die Partei durch die Behauptung, die Demokratie zu verteidigen, mit linken Wählern verbinden, meint der liberale Kommentator. Der Opferstatus seiner Partei könnte Gábor Vona bei der Anwerbung neuer Unterstützer helfen. Aber er wäre auch nützlich, um die wahrscheinliche Niederlage bei der Wahl im April des nächsten Jahres auf das uneben gestaltete Spielfeld zu schieben.
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