Linke Publizisten kritisieren das Fehlen einer wirklichen Opposition
20. Aug. 2018In einer linken Wochenzeitschrift finden sich zwei bittere Kommentare. Dabei beklagen die Autoren, dass, während die Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán geeint und zielstrebig erscheine, sich keine Oppositionskraft am Horizont abzeichnen würde, die diesen Namen auch tatsächlich verdiene.
In seiner üblichen Wochenkolumne für 168 Óra illustriert Zoltán Czeglédi die Not der Linken am Beispiel des Abgeordneten Benedek Jávor, der vor vier Jahren für Együtt-Párbeszéd (Gemeinsam-Dialog) ins Europäische Parlament eingezogen war. Seitdem habe Együtt aufgehört zu existieren, während Párbeszéd Partner der in den vergangenen vier Jahren von insgesamt vier verschiedenen Vorsitzenden geleiteten Sozialistischen Partei geworden sei. Auf der einen Seite, so Czeglédi, sehe das Wahlvolk eine stabile Regierung, während sich die andere Seite als „Flohzirkus von Putschisten und Visionären“ präsentiere, bei dem nichts als selbstverständlich gelten könne. Von einem starken Herausforderer sei weit und breit nichts zu sehen. Sämtliche Beschlüsse würden auf den letzten Drücker gefasst und die Beobachter für die offensichtlichen Misserfolge verantwortlich gemacht, weil sie sich weigerten, die nach jämmerlichen Verhandlungen in letzter Minute auserkorenen Kandidaten zu beklatschen. Alle diese Kandidaten schwiegen jetzt, und es werde nichts unternommen, um sie oder andere mit Blick auf kommende Urnengänge zu unterstützen. Czeglédi erinnert daran, dass der nach seiner Niederlage 2002 acht Jahre lang in der Opposition schmorende Viktor Orbán nicht einen Moment lang die Vorbereitung seines Comebacks unterbrochen habe. Und so lautet die Empfehlung Czeglédis an die Adresse der Linken: „Hört auf herumzustolpern und trefft Entscheidungen! Sofort!“
In der gleichen Wochenzeitung beklagt der erfahrene linksorientierte Politologe Ervin Tamás die Existenz eines spürbaren Vakuums auf der linken Seite. Dies sei umso beunruhigender, als es sich fast 30 Jahre nach dem Übergang zur Demokratie auftue. Am Anfang, nach der Wende, hätten Schauspieler, Schriftsteller und Sportler die politische Arena betreten, weil die neuen Parteien deren Popularität hätten nutzen wollen. Immerhin sei ihr leitendes Personal der Öffentlichkeit praktisch unbekannt gewesen. Jetzt, 28 Jahre später, sendeten zwei berühmte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Hinweise aus, sie könnten möglicherweise den Start einer politischen Karriere in Erwägung ziehen. Zum einen handele es sich um Alinda Veiszer, eine liberale Fernsehmoderatorin, deren Programme zunächst vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dann von Hír TV abgesetzt worden seien. Ihren Angaben zufolge könne sie sich als eine künftige Kulturministerin vorstellen. Róbert Puzsér wiederum gelte als ein ungewöhnlich freimütiger Kolumnist. Er denke ernsthaft darüber nach, für den Posten des Bürgermeisters von Budapest zu kandidieren. Tamás ist sich sicher, dass keiner von ihnen jemals auch nur davon träumen würde, für ein politisches Amt zu kandidieren, gäbe es brauchbare Berufspolitiker als Mitbewerber. Und beide seien nicht die einzigen, die ein ohrenbetäubendes Schweigen auf der linksliberalen Seite spüren würden, betont Tamás und konstatiert: Auch die Öffentlichkeit erwarte etwas völlig Neues, nämlich neue Projekte mit neuen Akteuren.
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