Wien-Visite: Soros trifft Kurz
21. Nov. 2018Regierungsnahe Kommentatoren bezeichnen es als befremdlich, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz den ungarisch-amerikanischen Finanzier George Soros persönlich getroffen und mit ihm die Zukunft Europas sowie den schrittweisen Umzug der meisten Studiengänge der Central European University von Budapest nach Wien erörtert hat.
Nach Ansicht von Bundeskanzler Sebastian Kurz wird Österreich aus der Präsenz der CEU in der Hauptstadt Vorteile ziehen. (Zwischenzeitlich erwähnte Kurz auch seine Meinungsverschiedenheiten mit George Soros beim Thema Migration.) Nächstes Jahr wird die von Soros gegründete Universität in Wien mit zunächst vier Studiengängen starten, später jedoch schrittweise sämtliche US-akkreditierten Kurse dorthin verlagern. Die Studiengänge mit ungarischen Abschlüssen verbleiben dagegen in Budapest. Wie berichtet, verpflichtet die vom ungarischen Parlament im vergangenen Frühjahr verabschiedete neue Gesetzgebung Universitäten, die im Ausland akkreditierte Abschlüsse anbieten, dass sie auch in ihren Herkunftsländern Studiengänge abhalten. Inzwischen hat die CEU tatsächlich zwei umfangreiche Lehrveranstaltungsreihen im Bard College eingerichtet. Allerdings erklärte der ungarische Außenminister Péter Szíjjártó dazu, dass diese nicht die Kriterien einer Universität erfüllen würden. Folglich sei ihm nicht das Mandat erteilt worden, eine die CEU betreffende Vereinbarung mit dem US-Bundesstaat New York zu unterzeichnen.
Auf Pesti Srácok kommentiert Szilveszter Szarvas die Wien-Visite von George Soros. „Die meisten Österreicher fragen sich: Warum musste der Kanzler Soros gerade in seinem Büro empfangen?“ Szarvas zitiert Tweets, deren Verfasser Kurz wütend kritisieren, wobei einer von ihnen die Frage stellt: „Wie weit sind Politiker wohl bereit, für Geld zu gehen?“
In einem nicht gezeichneten Bericht möchte Origo wissen: „Auf welcher Grundlage hat ein amerikanischer Milliardär (mit Kurz) über das Schicksal des europäischen Kontinents gesprochen?“ Eine weitere Frage des regierungsnahen Portals lautet: „Warum muss der Führer eines einflussreichen europäischen Staates mit einem amerikanischen Geschäftsmann überhaupt irgendeine Frage erörtern?“
In einer zornigen Reaktion auf den Origo-Bericht erwidert der Philosoph György Gábor auf der neuen linken Onlineplattform Városi Kurír, dass es Privatpersonen gebe, die Spitzenvertreter eines Landes gewöhnlich auf höchster Ebene empfangen würden. Gábor verweist in diesem Zusammenhang auf Männer wie Albert Schweitzer, Albert Einstein, Leó Szilárd, David Rockefeller, Neil Armstrong oder Bill Gates. Auch würden die Chefredakteure wichtiger Medien üblicherweise von politischen Entscheidungsträgern empfangen, fährt er fort und merkt bissig an, dass Origó nicht zu diesen Medien gehöre.
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